Lademöglichkeiten für Mehrfamilienhäuser – Varianten und geeignete Wallboxen

Für das Laden von E-Autos bei Mehrfamilienhäusern gibt es unterschiedliche Lösungen. Je nachdem, ob einzelne Bewohner Ladestationen an ihren eigenen Stellplätzen installieren wollen, oder eine Gesamtlösung für alle Hausbewohner geplant ist, kommen unterschiedliche Wallbox-Modelle in Frage. Hier lesen Sie, welche Lösungen es gibt, was bei der Planung und Umsetzung beachtet werden muss und welche Ladestationen zum Laden von E-Autos bei Mehrfamilienhäusern in Frage kommen.

Die zwei häufigsten Szenarien

Grundlegend kann zwischen zwei Ausgangssituationen unterschieden werden. Bei einer Einzellösung für individuelle Bewohner, die an einer Wallbox am eigenen Stellplatz interessiert sind, kommen andere Lösungen in Frage, als bei einer Gesamtlösung für alle Bewohner.

Szenario 1 – Einzellösung: Wallboxen für einzelne Bewohner

Ausgangslage: Eine Einzellösung kommt bei Mehrfamilienhäusern dann in Frage, wenn ein einzelner Bewohner (Eigentümer oder Mieter) eine Ladestation errichten möchte. In diesem Fall liegt die rechtliche und technische Umsetzung in der Verantwortung des Bewohners. Dieser trägt die Kosten für die Planung, Installation und den Betrieb der Wallbox und muss für eine fachgerechte Installation durch einen qualifizierten Fachbetrieb sorgen.

Wallbox für Mieter und Eigentümer in Mehrfamilienhaus
Technische Umsetzung: Im optimalen Fall wird die zu installierende Ladestation direkt mit dem bestehenden Anschluss der Wohnung verbunden. Das bedeutet, dass der Strom zum Laden des E-Autos über den selben Zähler läuft, der bereits für den Wohnungsstrom genutzt wird. Die Installation eines zusätzlichen Zählers entfällt. Dies ist in der Regel die kostengünstigste Variante. Falls dies technisch nicht möglich bzw. nur schwer umsetzbar ist, muss für die Wallbox am KFZ-Stellplatz des Bewohners eine eigene Zuleitung gelegt werden. Diese erhält einen eigenen Zähler, damit der Ladestrom dem jeweiligen Mieter bzw. Eigentümer zugeordnet werden kann. Durch den separaten Zähler, kann der Stromverbrauch mit dem Mieter / Eigentümer eindeutig abgerechnet werden.

Geeignete Wallboxen: Wenn die Anschlussleistung des Gebäudes über ausreichend Reserven verfügt, genügt in der Regel eine einfache Wallbox. Stößt der Hausanschluss an seine Grenzen und sind mehrere Wallboxen im Mehrfamilienhaus geplant bzw. bereits vorhanden, wird in den meisten Fällen ein Lastmanagament-System benötig. Intelligentes Lastmanagement sorgt dafür, dass der vorhandene Strom zwischen den einzelnen Wallboxen aufgeteilt wird und der Netzanschluss nicht überlastet wird bzw. Spitzenlasten vermieden werden. Dieses Feature kann entweder bereits in den Wallboxen integriert sein oder wird von einem externen Ladecontroller übernommen, der die Ladeströme der Ladestationen zentral steuert. Wichtig ist, dass auf die Kompatibilität zwischen den Ladestationen und dem Ladecontroller geachtet wird. Für ein funktionierendes Load-Balancing muss sichergestellt werden, dass alle Komponenten miteinander kommunizieren können, z. B. über WLAN, LAN oder Modbus. Hier finden Sie eine Auswahl an Ladestationen mit Lastmanagement.

Planung und Installation: Die Planung und Umsetzung dieser Einzelmaßnahme muss durch einen konzessionierten Fachbetrieb erfolgen.

Szenario 2 – Gesamtlösung: Wallboxen für alle Bewohner

Ausgangslage: Die in vielen Fällen bevorzugte Variante ist die Umsetzung einer Gesamtlösung für alle bzw. einen Großteil der Bewohner. In diesem Szenario besteht ein gemeinschaftliches Interesse, am jeweiligen Mehrfamilienhaus Ladeinfrastruktur aufzubauen und zur Verfügung zu stellen. Die Ladelösung wird als Gesamtlösung gesehen, die von der Eigentümergemeinschaft selbst oder von einem externen Anbieter betrieben wird.

Mehrere Ladestationen in einem Mehrfamilienhaus
Technische Umsetzung: Wenn bei einem Mehrfamilienhaus mehrere Wallboxen installiert werden sollen, kommt man um die Anpassung und Erweiterung der Hauselektrik nicht herum. Erstens muss mit dem Netzbetreiber geklärt werden, ob die Anschlussleistung des Hausanschlusses ausreicht, oder erweitert werden muss. Eine Erweiterung ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Daher wird versucht, mit einem intelligenten Lastmanagement den zur Verfügung stehenden Strom zwischen den E-Autos so zu verteilen, dass der Netzanschluss nicht überlastet wird. So kann sich eine allenfalls notwendige Erweiterung zumindest in Grenzen halten. Bei der Konfiguration des Lastmanagements kann festgelegt werden, ob allen ladende Fahrzeuge die gleiche Leistung zur Verfügung gestellt wird, oder ob gewisse Fahrzeuge (Stellplätze) bevorzugt werden sollen. Je nach eingesetztem System kann die Lastverteilung relativ granular gesteuert werden. Die Steuerung kann auch auf Zeit-Regeln basieren, sodass z. B. die Ladeleistung in der Nacht angehoben wird, wenn der Stromverbrauch im Gebäude niedrig ist und daher mehr freie Leistungsreserven verfügbar sind.

Geeignete Wallboxen: Bei einer Mehrplatzlösung kommen Ladestationen zum Einsatz, die entweder über ein integriertes Lastmanagement verfügen, oder über die Möglichkeit, den Ladestrom über ein externes Steuergerät (Ladecontroller) zu reduzieren bzw. zu erhöhen. In der ersten Variante übernimmt eine ausgewählte Wallbox die Master-Rolle (auch Parent genannt) und verteilt den vorhandenen Strom zwischen den restlichen Wallboxen (auch Slave bzw. Child genannt). Bei dieser Umsetzungsvariante wird kein eigener Ladecontroller benötigt, da die Steuerlogik bereits in der Master-Wallbox integriert ist. In der zweiten Variante kommt ein eigener Ladecontroller zum Einsatz, der den Ladestationen vorgibt, mit welcher Leistung geladen werden soll. Hier ist wichtig, dass die Kommunikation zwischen den Komponenten sichergestellt ist. Ein Blick in die Kompatibilitätsliste der Hersteller hilft hier weiter. Die Verbindung zwischen den Wallboxen und dem Controller erfolgt häufig über WLAN, LAN oder Modbus.

Was aus rechtlicher Sicht zu beachten ist

Je nachdem, ob die Bestrebung, Ladelösungen bei Mehrfamilienhäusern umzusetzen, von einzelnen Bewohnern (Einzelanlagen) oder der Hausgemeinschaft ausgeht (Gemeinschaftsanlagen), gelten unterschiedliche rechtliche Aspekte.

Gesetzeslage bei Einzelanlagen

Bis zur “WEG-Novelle 2022” (in Kraft getreten ab 1. Jänner 2022) musste bei Einzellösungen die Zustimmung aller anderen Eigentümer eingeholt werden (100 %, Einstimmigkeit). Im Zuge der Novelle wurde diese Bedingung gelockert und eine sogenannte “Zustimmungsfiktion” eingeführt.

Was ist eine Zustimmungsfiktion? Das bedeutet, dass eine Zustimmung als erteilt gilt, wenn alle anderen Eigentümer über die geplante Installation der Ladestation ordnungsgemäß und nachweislich schriftlich informiert wurden und keiner der Eigentümer innerhalb von zwei Monaten gegen das Vorhaben schriftlich widerspricht. Zustimmungen müssen also nicht mehr aktiv eingeholt werden sondern andere Eigentümer müssen aktiv widersprechen.

Was allerdings beachtet werden muss, ist, dass die Zustimmungsfiktion grundsätzlich Ladelösungen betrifft, die für geringe Ladeleistungen (“Langsamladen”) vorgesehen sind. In diese Kategorie fallen z. B. Wallboxen mit 3,7 kW (16 A einphasig) und 5,5 kW (8 A dreiphasig). Ob die Zustimmungsfiktion auch für Wallboxen mit höherer Ladeleistung zutrifft, z. B. für Ladestationen mit 11 kW oder 22 kW, lässt das Gesetzt offen.

Gesetzeslage bei Gemeinschaftsanlagen

Bis zur “WEG-Novelle 2022” (in Kraft getreten ab 1. Jänner 2022) musste bei Gesamtlösungen die Zustimmung von mehr als 50 % der Eigentümer eingeholt werden (Mehrstimmigkeit). Im Zuge der Novelle wurde diese Bedingung durch eine weitere Möglichkeit, dem “Drittelsockel” ergänzt.

Was ist der Drittelsockel? Der sogenannte “Drittelsockel” gibt vor, dass die abstimmenden Eigentümer auf mindestens ein Drittel aller Eigentumsanteile kommen müssen und sich in diesem Drittel eine Mehrheit von zwei Dritteln finden muss. In diesem Fall hat der Vorschlag eine Zustimmung erreicht.

Hauseigentümer, Hausverwaltungen und Wohnungsbau-Genossenschaften

Vorhandene Wallbox in Gemeinschaftsanlage integrieren

Nicht selten stehen Eigentümer bei der Planung einer Gesamtlösung vor der Herausforderung, dass einzelne Bewohner bereits Einzelanlagen betreiben. Oft sind diese ungesteuert, d. h. es ist kein Lastmanagement in Betrieb, stattdessen können die Nutzer selbst entscheiden mit welcher Ladeleistung geladen wird. Wird nun eine Gemeinschaftslösung geplant, haben die Bewohner mit vorhandenen Ladestationen die Möglichkeit, sich mit ihren Einzel-Wallboxen der Gesamtanlage und dem Lastmanagementsystem anzuschließen. Kommt es hier zu keiner Einigung, hat die Eigentümergemeinschaft die Möglichkeit, den Eigentümer per Beschluss aufzufordern, den weiteren Betrieb der Einzel-Ladestation zu unterlassen. Allerdings kann von der Eigentümergemeinschaft die Unterlassung frühestens nach 5 Jahren nach der Installation der Einzel-Wallbox eingefordert werden.

Ladestationen in WEGs und Wohnanlagen

Zuordnung und Abrechnung des Ladestroms

Der zum Laden des E-Autos genutzte Strom soll in der Regel dem jeweiligen Nutzer (Eigentümer oder Mieter) eindeutig zugeordnet werden können. Hier gibt es zwei grundlegende Varianten:

Wallbox und Wohnung teilen sich denselben Anschluss: Ist die Wallbox mit dem Stromanschluss der dazugehörigen Wohnung verbunden, so zählt der Ladestrom einfach zum gesamten Stromverbrauch der Wohnung und wir entsprechend über die monatliche Stromrechnung abgerechnet. Eine Unterscheidung zwischen Haushaltsstrom und Ladestrom ist nicht möglich.

Wallbox verfügt über eigenen Zähler: Bei Variante zwei erhält die Wallbox eine eigene Zuleitung und einen eigenen Zähler, der ausschließlich den Ladestrom erfasst. Wird der Zähler vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellt, wird der Ladestrom in der Monatsrechnung separat ausgewiesen. Wird der Zähler von der Eigentümergemeinschaft “betrieben”, so kann der Ladestrom z. B. von der Hausverwaltung monatlich abgelesen (oder, wenn es die Wallbox erlaubt, über die Ferne abgerufen werden) und dem jeweiligen Wallbox-Nutzer in Rechnung gestellt werden. In diesem Fall wird entweder ein zusätzlicher Zähler im Verteilerschrank verbaut, oder es kommt eine Ladestation mit integriertem Zähler zum Einsatz.

Eine Wallbox für mehrere Nutzer – Wallbox-Sharing

Eine kostengünstige Variante für Mehrfamilienhäuser ist das sogenannte Wallbox-Sharing. Hier teilen sich mehrere Mieter oder Eigentümer ein und dieselbe Wallbox. Der Vorteil: im Gegensatz zu einer umfassenden Gesamtlösung genügen bereits einige wenige Wallboxen, je nachdem wie gut die Aufteilung der Ladezeiten zwischen den Nutzern gelingt.

Eine beliebte Variante ist z. B. die Montage einer Wallbox für zwei Stellplätze. So müssen die Fahrzeuge nach Beendigung der Ladevorgänge nicht umgeparkt werden, um den Stellplatz für das nächste ladende E-Auto freizugeben. Häufig ist es möglich, bei Carports und in Tiefgaragen eine Wallbox “zwischen” zwei Parkplätzen zu montieren, sodass sich zwei Parteien eine Ladestation teilen können. Hier ist es wichtig, auf die Kabellänge zu achten, sodaß beide Nutzer die Distanz zwischen Wallbox und Ladesteckdose am Fahrzeug überbrücken können. Eine weitere kostengünstige Lösung ist die Installation von Doppelladestationen.

Installation bei Mehrfamilienhäusern

Die große Frage: Wer plant und installiert eigentlich Wallboxen bei Wohnanlagen? An welche Unternehmen kann man sich wenden? Die Planung und Umsetzung von Ladelösungen für WEG und Wohnanlagen ist wesentlich komplexer als bei Einfamilienhäusern. In den meisten Fällen müssen Änderungen an der Elektroinstallation vorgenommen werden, in einigen Fällen auch eine Erhöhung der Anschlussleistung. Die konzeptionelle Planung erfordert Fachwissen und Erfahrung. Auch bei der Umsetzung gilt es, die individuellen Gegebenheiten vor Ort zu kennen und die Ladelösung bestmöglich in den Bestand bzw. die geplante Immobilie zu integrieren. Für die Planung und Montage muss in jedem Fall ein konzessioniertes Installationsunternehmen beauftragt werden. Hier finden Sie qualifizierte Fachbetriebe in Ihrer Nähe.

Installation von Wallboxen und Ladelösungen in Mehrfamilienhäusern, WEGs, Wohnanlagen und Immobilien

Fragen, Tipps und eigene Erfahrungen

Sie haben Fragen, Tipps und konkrete Hinweise zum Laden von E-Autos bei Mehrfamilienhäusern? Sie haben als Hauseigentümer, Hausverwaltung, Wohnungsbau-Genossenschaft oder Mieter selbst positive oder negative Erfahrungen gemacht? Hinterlassen Sie dazu gerne einen Kommentar – wir werden umgehend darauf reagieren.

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